ICKs Gedanken

und Dinge die daraus entstehen.
Paris Frühjahr 2024

Paris Frühjahr 2024

Donnerstag, März 28, 2024

Ein Wochenende im Frühling

Jeder, der häufiger in Paris war und das im Frühjahr, hat seine persönliche Woche oder Wochenende und weiß warum das der beste Zeitpunkt für Paris ist.
Meine jedenfalls liegt ein wenig vor der Hauptsaison, in dieser Woche fühlt sich meistens das Wetter schon so richtig nach dem Frühling an.

Metro Station La Chapelle

Dieses Jahr fahre ich mit der Bahn nach Paris, um unter anderem einen Bekannten wieder zu treffen, den ich in Paris im Herbst kennengelernt habe, als ich vor ein paar Jahren die Vorbereitungsreise machte, zur Reise mit meinen Nichten das Frühjahr darauf. Seitdem gab es aber keine Gelegenheit, dass ich J. wieder treffen konnte.

Ich habe mir ein kleines Apartment gesucht und gebucht. Auf einer Plattform, die ich für meine USA Tour häufiger benutze. Gerade weil ich dann immer etwas lokalen Abschluss hatte. Dieses Mal suchte ich ein Apartment und kein Zimmer zum Mitwohnen, um ein Maximum an Flexibilität zu haben.

Fast jeder kennt dieses Kribbeln bis die Bestätigung kommt, ob das gebuchte auch sicher ist. Dieses Mal war das Kribbeln sehr groß und zog sich in die Länge. Denn wie üblich kam relativ schnell eine Bestätigung und Zahlungsaufforderung, der ich folgte. Der Status auf der Seite änderte sich nicht. Das machte mich etwas nervös. Dazu kam, dass mir auffiel, dass bei der Adresse keine Hausnummer notiert war. Also nach einer Phase der Geduld unter dem Motto “Das kommt noch!” Schrieb ich die Vermieter an. Keine Antwort. Dann versuchte ich sie anzurufen. Kein Kontakt. Nächster Versuch über die Buchungsplattform. Ihre Antwort war "Das ist ein Angebot eines Kooperationspartner". "Bitte die Fragen.” Nächste E-Mail. Die Zeit wurde enger, das war dann am Montag vor der Abreise. Zwischendurch hatte ich dann einmal einen am Telefon, der wohl nur aus Spaß den Hörer angenommen hatte und für nichts zuständig war.

24h vor der Abfahrt ”Ihre Buchung ist storniert” “Was?!” 

Auf allen Plattformen habe ich geprüft, ob das wirklich so ist. Es war so! Auf der ursprünglichen Plattform war noch ein Apartment frei, das ich als erstes in meinen Favoriten gespeichert hatte und kaum hatte ich den direkt buchen Knopf gedrückt. Es kam die Bestätigung und auch eine persönliche Nachricht vom Vermieter. "Ja, passt alles!" "Wann ich denn ankomme?” Uhrzeit genannt und ich kann sofort vom Bahnhof dorthin gehen und mein Gepäck abstellen. So soll das alles sein!

Also kann die “bon voyage” beginnen.

Der Wohn/Schlafraum
von der anderen Seite
Temporäres Denkmal für die Helden der Arbeit

Die noch tiefstehende Morgensonne glänzte auf dem Silbergrau mit einem Spritzer trüben Lehm der Wassermassen des Rheins. Die Wiesen der Auen glitzerten mit ihrem Morgentau Besatz auf dem frischen Frühlingsgrün der Gräser. Die Bahnfahrt verlief wie erwartet mit wenig zwischen Fällen, außer dass die Bahn wohl in die Planung der Zugverbindungen mittlerweile die Verspätungen mit einplant, sowie die Gleiswechsel dadurch habe ich alle Anschlüsse erreicht. In den Zügen konnte ich meine zu kurze Nacht dann nachholen, besonders im TGV.

Paris-Est war das Ziel, angekommen und nur eine Viertelstunde zur Wohnung gelaufen. Mit dem Vermieter einen schönen Plausch gehalten. Nun kam der Part an dem ich herausfinden musste, ob dieser “Voucher” für das 5 Tage Ticket auch wirklich einen Wert hat. Das “einfache Vorzeigen”, wie es im Text hieß, galt nur für die Touristen-Zentrale am Fuße des Eiffelturms, in der ich das eigentliche Ticket persönlich abholen durfte. 

Der Turm und ich

Ab dann ging das eigentliche Wochenende los. Zu Fuß zum Trocadéro, Metro zum Étoile, mein Lieblingsladen hatte nur einen Pullover, den ich spannend fand, nur es ist Frühling, da brauche ich keinen Pullover mehr.  Metro zu Bonne Nouvelle an der Ecke, mal kurz Pause in einem Straßencafé, dann bummelte ich die Rue Poissonnière hinunter. Besuchte den Laden, in dem mein Kosmetik-Produzent seine Produkte anbietet. Leider war L. an diesem Tag nicht dort. Probiere es an einem anderen Tag, ihn zu treffen. Das Viertel macht gute Laune, um dort noch mehr bummeln zu gehen.

Vertikaler Garten

Von Les Halles ging die Metro zurück nach Paris-Nord. Eigentlich war es keine Metro, sondern ein Vorortzug. Auf dem Weg zum Bahnsteig wurden die Menschenmengen immer dichter. Gerade war ein Zug eingefahren und die Massen strömten zu den Türen, aus denen kaum einer ausstieg, so konnte keiner wirklich einsteigen. Es ertönten ständig Durchsagen, “Bitte von den Türen fernbleiben, bitte nicht drängeln, bitte auf die Lücke zwischen der Bahnsteigkante und dem Zug achten!” Personal mit Warnwesten scheuchte die Menschen von den Türen weg, die Türen gingen zu, der Zug fuhr ab, der nächste rollte direkt danach ein und das Spiel begann von vorn. In den dritten Zug konnte ich gerade noch einsteigen. Ab Paris-Nord lief ich durch das wirklich sehr Indisch dominierte Viertel zur Wohnung. Kurz Pause. Ich merkte, wie der Hunger in mir größer wurde. Mein Host hat mir ein indisches Restaurant empfohlen. Boh war das lecker. 

Abendliches Treiben am Centre Pompiedou

Im Anschluss war ich mit J. an der Haltestelle  Rambuteau verabredet. Als ich dort so wartete, flanierten die Großstädter vorbei, weil sie alle im Marais ausgehen wollten an diesem herrlichen warmen Frühlingsabend. Dann bauten sich mir direkt gegenüber, zu Füßen des Centre Pompidou, zwei Damen sich auf mit ihrem Angebot zum “Bücher Studieren”. Dabei schweifte mein Blick so auch über die oberen Etagen der schon nächtlichen Häuser, als ich bemerkte, dass ein junger Mann wohl gerade aus der Dusche kam und sich in seinem Badezimmer für die Nacht zum Ausgehen noch hübscher machte. Schräg unter dem hohen großen Fenster des Badezimmers befand ich eines der Eckbars mit den schönen großen beleuchteten Markisen und Außenbestuhlung. Irgendwie erinnerte es mich an ein Gemälde, die ganze Situation und Stimmung. J. und ich gingen in eine andere Außengastronomie, wo wir uns lange und intensiv unterhielten. In einer sehr illustren Mischung aus Gästen. Bis wir dann mit der Metro Richtung unserer Schlafplätze fuhren.

Die "Schöne Stadt"

Die Tage flogen so schnell vorbei und ereignisreich, wie der Zug, der gerade durch die Lande rauscht, der eben aufgegangenen Sonne entgegen.

Wie das schwarz zu Blau am Tagesanfang liegt ein leichtes, mildes Grün über den graubraunen Bäumen und Landschaft am Übergang zwischen Winter und Frühjahr. Kaum ist der Zug aus der Metropole heraus, rauscht dieser durch eine milde bewegte Kulturlandschaft, die der Mensch seit Jahrtausenden dahin geformt hat, wo sie gerade ist. Man denkt, dass die Landschaft ein Kontrast zu der Metropole ist. Eigentlich ist es das nicht, denn die Metropolen der Welt sind wie die Termiten Burgen der Menschen über Jahrtausende fein modellierte Vertikale Kulturlandschaften. Wenn man sich in diesem Labyrinth bewegt, gibt es viel zu entdecken und zu erleben. 

Bois de Boulogne

Den einen Vormittag fuhr ich zur Foundation LV, um vielleicht noch ein Ticket für die Rothko Ausstellung zu ergattern. Von der Metro lief ich durch den nicht enden wollenden Bois de Boulogne, der eher ein etwas traurig wirkender Wald ist, in diesem nördlichen Teil zu dieser Jahreszeit. Von der anderen Straßenseite des Gehry Gebäudes sah ich schon die wartenden Menschen. Auf Nachfrage erfuhr ich, dass fast alle Reihen für Zeitabschnitte waren. Nur ein Abschnitt war für die freien Besucher und sie hatten eine durchschnittliche Wartezeit von mindestens einer Stunde. Mein Tagesplan sah gefühlt anders aus und so entschied ich mich als erstes für das schöne warme Wetter, ging zurück in den Park, lief um den kleinen See, der in der Nähe der Foundation LV ist. 

Fondation LV

Setzte mich einfach in die Sonne und genoss diese.

Eingang einer klassischen Metrostation

Auf dem Weg zum Palais Tokyo kam ich aus der Metro an dieser gigantischen Baustellen-Verpackung heraus. 

LV verpackt zu abreise
Avenue des Champs-Élysées in der Reflektion

Kurz vor dem Palais Tokyo tat sich eine Lücke zwischen den hohen Stadtfassaden auf und der Blick öffnete sich auf das Wahrzeichen der Wahrzeichen. Der Himmel war wolkenlos und doch umhüllte den Turm ein leichter Dunst, die Sonne stand hoch über dem Turm so das nur ein paar Strukturen das Licht reflektierten,  die restliche feingliedrigen Formation waren dunklen und  kontrastierte sich zum strahlend blauen Himmel. Mich verwunderte nicht, dass genau in dieser Lücke das Museumsrestaurant eine sehr schmale und exklusive Außen Terrasse führte. An den zweier Tischen saßen die Pariserinnen zum Lunch. Ihre großen Handtaschen hatten kaum Platz auf den Tischen. Die Taschen, die an den Stuhllehnen hängen oder die großen, edlen Hunde, die ausgeführt werden sollten, nahmen dem Kellner den Platz zum Servieren der Leichtigkeiten. Wie die Leichtigkeit auf den Tellern flog der Kellner durch und über die Hindernisse an die Tische und zurück.

Le Tour im Gegenlicht

Das Palais Tokyo ist von außen eines dieser imperialen Monumental Gebäude wie das Trocadero oder die japanische und italienische Botschaft in Berlin. Innen muss es ähnlich imperial und monumental gewesen sein. Zur Zeit ist es eine offene Wunde in der Kulturlandschaft, fast alle Räume sind auf das Betonskelett reduziert. Zu dieser Nacktheit passen auch die Ausstellungen, deren gemeinsamer Kontext das Aufbegehren gegen den Unterdrücker ist und die mal gewonnenen oder verlorenen Revolutionen darstellt. Von Südamerika über Afrika bis hin nach Palästina, ein großer Bogen durch die Weltgeschichte, gesehen durch persönliche Eindrücke, Dokumente und kreativen Darstellungen. Die größte Überraschung im Palais Tokyo ist der Museumsshop. Diese Größe und vielschichtige Auswahl habe ich bis jetzt noch in keinem anderen Bildungstempel gesehen.

Das Skelett
Repression
Der Shop
Die Kuppel in der Bourse de Commerce

Die Bourse de Commerce - Pinault Collection war die folgende Station, da ich online keine Vorbuchung gefunden hatte, bog ich naive um die Hausecke dieses originellen Gebäudeensembles. Mit Erstaunen sah ich die Menschen, die sich vor dem Eingang eingereiht hatten. Eine Servicekraft erklärte mir, dass es Tickets im Nachbargebäude gibt. Ohne großes Warten hatte ich das Ticket und in der Zeit hatte sich die Reihe halbiert, also alles halb so wild. Beim dort anstehen entdeckte ich die Besonderheit dieses Ensembles. Die Ehemalige Börse ist ein kreisrundes Gebäude, auf der östlichen Seite ist der Park der ehemaligen Hallen und auf der westlichen Seite stehen zwei Häuser, die sich wie Hände um eine Kugel schmiegen, um diese zu halten. Einfach schön, dieses zu betrachten.

Die Pinault Collection ist ein Who is Who der Moderne vom Anfang 1917 bis in die heutige Zeit. Das im wahrsten Sinne größte Objekt ist definitiv der Besuchermagnet. Die Installation in der kreisrunden Mitte des Gebäudes ist umhüllt von einer Betonwand und wenn man darin und darauf steht und nach unten guckt, verdoppelt sich der Raum. Um mit einfachen Worten diese Installation zu beschreiben. 

Fountain,  Elsa von Freytag-Loringhoven/Marcel Duchamp, 1917

An diesem Nachmittag waren dort ein Fotograf und zwei männliche Models in coolen futuristischen Outfits. Sie modelten und posten so vor sich hin und alle anderen Besucher kümmern sich nicht darum, auf der einen Seite, auf der anderen Seite sieht man deutlich, dass wir alle in der Stadt der Mode sind und alle Besucher instinktiv sich in einem respektvollen Abstand bewegen.

Art Performence
Walking

Der Raum mit einem absoluten Aha-Moment für mich war fast am Ende meines Rundlaufs durch das Haus. In diesem Raum standen ganz viel weise Säulen. Auf jeder einzelnen war durch einen Plexiglas-Kubus ein aus Ton modelliertes Objekt. Jedes Objekt hatte einen Satz, Stimmung oder Wort zur Grundlage. Die Modellierungen sahen alle etwas aus wie die Knetfiguren.  Durch diesem Art der Modellierung waren auch die dunkelsten Themen einfach schön und leicht, sich anzuschauen. Bei dem einen oder anderen Objekt guckte ich auch auf den Text, der an der weißen Säule klebte und ärgerte mich, dass ich den gelesen hatte, denn es war doch offensichtlich, was es darstellt. Dann kam der Moment, in das Objekt waren die Buchstaben “S Ü ß E S & S A U R E S” geritzt. Ich guckte auf den Text an der Säule und da stand “Douceur & Acidité” und “Sweet & Sour", ich guckte zurück und oh das ist ja Deutsch. Ich grinste in mich hinein, dass ich da mit all den Fremdsprachen um mich herum darauf reingefallen war, den Text erst beim zweiten Mal als lesbaren Text zu erkennen. Am Eingang zum Saal lass ich dann noch, dass das alles “Fischli & Weiss" Objekte waren, damit erklärt sich dann auch dieser Aha-Moment noch viel besser.

Die Rotunde

Vollgetankt von Kunst und Kreativität schlenderte ich um das Gebäude und Richtung Hallen. An der nördlichen Ecke zum Eingang vom Park sah ich einen eingezäunten Bereich, der wie ein Bolzplatz aussah, dafür viel zu klein angelegt ist. Wenn in diesem Bereich nicht Leben gewesen wäre, wäre dieser Platz mir sicher nicht aufgefallen. Das Leben darin warnen diverse Hunde, die sich im Staub, Sand und was sonst noch da rum lag tummelten, wälzten, kratzen und schaben. Es war ein Vergnügen, diesen Hunden dabei zuzusehen und zu sehen, wie sie selber mega Freude hatten, all ihre Sinne zu spüren. Am Eingang standen die Herrchen und hielten einen Plausch, einige der Herrchen waren Polizisten in Uniform und es lässt sich vermuten, dass einige von ihnen auch in Zivil dort waren. Auch sie alle hatten ihre Freude, weil ihre Hunde Freude hatten.

Der Weg führte mich an den Hallen vorbei zu einer anderen Metrostation, mit deren Zug ich zwar umsteigen durfte, von der Fahrtzeit es sich vollkommen gleich hielt.Pause im Zimmer und Nickerchen, damit ich fit für den Abend war. Denn ich war zum Essen bei J. eingeladen. Zu uns gesellte sich noch seine beste Freundin C. Den ganzen Abend unterhielten wir uns auf deutsch. Was noch zu erwähnen ist, J. ist Spanier und lebt in Paris schon ein paar Jahre und dazu sehr gut deutsch kann und C. ist Engländerin, lebt schon eine halbe Ewigkeit in Paris und kann auch sehr gut deutsch. Die beiden unterhalten sich immer auf deutsch miteinander, damit sie die Sprache nicht verlernen. Da nun ein nativer Deutscher (ich) zu Besuch war, ging die Unterhaltung auf deutsch weiter. So verflog die Nacht. Zum Abschluss gingen wir noch in eine Bar um die Ecke, auf ein abschließendes Getränk. 

Jede Metropole hat ihre eigenen Fingerabdruck und das sind ihre Geräusche. In Paris sind es unter anderem die Metrozüge der Hochbahn oder im Untergrund deren unverkennbares Bremsen. Morgens früh die Kehrmaschinen, die die Rinnsteine nass spülen und bürsten. Die Sirenen der Polizei und Notfallwagen. Der Klang des Regens auf den Dächern oder wie der Wind um die Hausecken pfeift.  Nicht zu vergessen das Gemurmel und Argumentieren der Menschen, die auf den Trottoirs rumstehen. Im Frühjahr werden sie noch durch den Gesang der Vögel ergänzt. Wenn eine Metropole ein Eintopf wäre, dann sind die Geräusche das Salz darin, was das Leben in ihnen so lebenswert oder im falschen Moment unerträglich macht.

Dieser Morgen startete für mich sehr schleppend und spät, passend zum Wetter. Heute stand das MEP auf dem Plan. An der Kasse saß ein junger Mann in einem grob gestrickten Hoodie, dessen Garn wohl silbern bedruckt war. Das sah mega cool aus und ich sagte es ihm und fragte, ob er den hier aus Paris hätte. Mit einem freudigen Lächeln kam die Antwort : “ Mercie, yes, … “ und er erwähnte noch eine große Modekette. Tage später suchte ich digital nach dem Hoodie und den gab es wirklich auch von anderen digitalen Händlern, nur leider immer in kleinen Größen. 

Leben in der Metropole

Im MEP suchte ich, wie gute Touristen das immer als erstes suchen die Örtlichkeiten auf, diese waren im Keller. Da ich nun da unten war, sah ich auf den Wegweisern, dass auf 4 Etagen über mir die Ausstellungen der Europäischen Photographie zu finden sind. Ich entschied mich für den Aufzug und alle Ausstellungen von oben nach unten zu besuchen. Im ersten kleinen Raum neben dem Aufzug hingen 9 schwarzweiße Fotos, alles Modefotos von eleganten Damen im Chic ihrer Zeit. Am Ende des Raums dachte ich mir nur schon komisch, die Frauen sehen alle gleich aus, als ob der Stylist sie alle synchron gebügelt hätte. Im Gang zum nächsten Raum lüftete sich das Rätsel, denn diese ganze Ausstellung ging um diese einzige Frau. Sie war erst Tänzerin und später dann Model, in ihrem nächsten Lebensabschnitt auch Designerin, darauf folgte dann die Bildhauerin. Es handelt sich um Lisa Fonssagrives-Penn, sie war eine Absolute Styleicone und mit ihren Posen legte sich eine Grundlage für das ganze Model-Geschäft bis heute, so wie auch für Schauspielerinnen, die häufig ihre Fotos kopierten, um im richtigen Licht zu erscheinen. 

 Lisa Fonssagrives-Penn fast schwimmend

Die zweite Ausstellung ist das komplette Gegenteil. Hier wurden den Texten der französischen Literatur Nobelpreisträgerin Annie Ernaux Fotos aus dem MEP Archiv gegenübergestellt. Ihre Texte sind sehr klar die Realität beobachtend. Fast alle Fotos waren Schnappschüsse aus der Realität, egal wo auf der Welt. Beides separat wie auch in der Kombination sehr beeindruckend.

Am Ende ging ich zum Museumsshop, der fast schon zu klein war für ein solches Museum und im Verhältnis zum Palais Tokyo. Der Shop war auch der Ausgang und ich landete mitten im Touristischen Leben. Auf dem Platz neben dem Museum war ein kleiner Flohmarkt, mit einer groben Mischung an Gütern, die genau zu so einem Markt gehören. Anschließend schlenderte ich durch die Gassen in Richtung Notre Dame, denn ich wollte den nächsten Status  von der Rekonstruktion sehen. Das Dach und die Vierung sahen fast wieder so aus, als wäre nichts passiert. Die ganzen Absperrungen und Gerüsten oder Kräne erzählen eine andere Geschichte. Auf den Bauzäunen um das Areal waren immer Abschnitte zu finden mit Fotos von Personen, die hier Arbeiten und eine Würdigung ihrer Leistung bei der Rekonstruktion dieses Symbols der Nation und dem Zentrum aller Vermessungen der Welt. Auf dem Weg und bei der Umrundung setzt ein leichter Niesel ein. So dass die nächste Metrostation meine war. 

Ein anderes temporäres Monument für die Helden der Arbeit
Die Dame und ich

Nun endlich traf ich L. in dem Laden an, in dem er zur Zeit seine (meine) Herren Kosmetik Produkte mit präsentiert. Wir hatten einen netten Plausch und im Anschluss ging ich die Straße ein weiteres Mal in Richtung den Hallen und in der Mitte des Weges setzte ich mich in ein Café, eines von vielen in dieser Straße, machte etwas Pause unter der Markise. Während Regen und Hagel in der Straße niedergingen. Alle Touristen suchten hektisch ein sicheres Plätzchen. Das historische Nachbarhaus war mit vielen großen weißen Blumen dekoriert. Diese Fassade war bei den vorbeilaufenden Menschen, die zu Besuch in dieser Stadt sind, sehr beliebt. Selbst der heftigste Regen hielt kaum einen davon ab, hier Fotos zu machen. In der einen Gruppe war sogar jemand mit einem Stativ und Kamera unterwegs und ein anderer hielt über die gestylten Personen einen Regenschirm, damit  alles in perfektem Licht erscheint. So schnell wie sie sich aufgestellt hatten, waren sie auch wieder verschwunden. Der Schauer war auch vorbei und ich konnte weiter ziehen. Mich führte mein Weg durch eine andere Straße des Marais.  Mit vielen bunten Geschäften und vielen Dingen, die jeder “unbedingt” benötigt. Als mich dann der nächste Schauer erwischte. Bevor es richtig losging, sprang ich in eine Bar und wartete dort auf das Ende des Hagelschauers. Es war genug für den Moment und ich fuhr zurück zum Apartment. Aß eine Kleinigkeit und machte ein Nickerchen, denn der Abend konnte wieder lang werden.

Cirque Electrique

Für den Abend hatte J. Karten für den “Cirque Electrique” besorgt. Was mich dort erwartet, konnte ich von der Webseite nur grob erahnen. Meine Grundstimmung war “Ich bin sehr gespannt!” Wir landeten mit der Metro irgendwo im Nirgendwo am gefühlten Rande von Paris. Liefen noch ein Stück, dann kam ein Busbahnhof und dahinter erhob sich majestätisch ein Zirkuszelt, das wir über einen Waschbeton-Freitreppe erreichten. Die Raucher standen meist gedrängt unter irgendwelchen Zeltdächern und fröstelten ein wenig, denn es war merklich kühler geworden. Beim Betreten des Zeltes waren die ersten Schritte in den hell erleuchteten Ring vor den Rängen der Zuschauer. Die Ränge lagen im Dunkel hinter den Spots der Manege. Nur die Akustik von den Rängen ließ uns erahnen, es ist voll, sehr voll. Beim Blick über die Ränge war es kaum zu erahnen, wo noch zwei Plätze für uns frei geblieben sind. So schickte ich J. vor mal zu fragen was frei ist und ich ging in der Zwischenzeit Getränke holen denn die Traube vor der Bar war nicht minder kleiner. Das mit den Getränken ging dann doch erstaunlich schnell und ich stand wie bestellt und nicht abgeholt in der Manege und guckte wo J. rum turnte. Einige Plätze hatten Tische, denn es war auch möglich, ein Dinner vorher zu bestellen. Bei einem Tisch gab es die Chance das ein Platz vor dem Tisch mit Tischplatte im Genick frei war und ein Platz oben auf der Bank, etwas weiter links saß ein Paar, die wohl ihr erstes Date hatten, auf jeden fall hatten sie sich sehr ausgebreitet und waren sehr innig ins gespräch vertieft. Bei dem jungen Mann mit den dunklen, wild lockigen Haaren mit ein paar weißen Strähnen  kann ich schon verstehen, dass die Dame dann immer quer auf der Bank saß, um in die dunklen Augen zu schauen. Mittlerweile hatte ich mit den Getränken auch die Höhen erklommen und meinte nur zu J., ob er die Dame nicht bitten könnte, mit ihrer Begleitung etwas zusammen zu rutschen. Ich sah nur ihren ungläubigen Blick als die Frage kam und ein wenig bewegte sie sich und wir beide hatten auf einmal doch noch nebeneinander Platz. Das Herrliche waren dann unsere direkten Nachbarn. Auf der rechten Seite saß ein Paar etwa gleich alt mit mir, etwas steif auf den ersten Blick und mega entspannt, als wir nach den Plätzen fragten. Das ältere Paar auf der linken Seite war sichtlich etwas pikiert. Ob das Essen lag oder die Nähe und Enge zu allen anderen Gästen. Dazu bewegten sie sich kaum. Ich musste mehrfach hingucken, um zu sehen, ob das nicht Puppen sind, die dort neben mir sind. Als sie ihren Nachtisch serviert bekamen und diesen verspeisten, war es klar, keine Puppen. Das restliche Publikum war eine mega lockere Mischung aus Kreativen und nicht die, die so aussahen, als seien sie Kreative. Sowie auch eher alternative. Unser Platz stellte sich als absolut perfekt heraus direkt in der Mitte und die Show wirkte so, als sei sie für uns inszeniert worden. Das Conférencier setzte gleich zu Anfang schon mal das Niveau nach, ganz tief unten, so dass wirklich jeder wusste, woran er ist mit der kommenden Show. Details will ich nicht verraten, außer dass es wirklich sehr viel außergewöhnliche Akrobatik gibt mit viel Nacktheit plus einem gehörigen Spritzer von Steampunk, Punk und Fetisch.

In der Pause spielte das Paar links Scrabble auf dem Smartphone. Ganz ehrlich, ich wusste in dem Moment nicht, was mehr eine Provokation war. Nach der Show hatte ich einen solchen Hunger und auf dem Busparkplatz roch ich schon den Mäces an der nächsten Straßenecke, so das ich den Frevel begehen musste in Paris bei Mäces essen zu gehen. Es tat so Gut. Dann jockelten wir mit dem Bus zurück in die Innenstadt, J. schlug vor, in die  “Duplex Bar” zu gehen, ich muss gestehen, dass ich ohne meinen Navigator nicht gewusst hätte, wo ich gerade bin. Dafür war die Bar gut voll. Ich bekam noch den Hinweis, dass an den Wänden immer wechselnde Ausstellungen hängen. Dieses Mal waren es Fotos von Fabien de Chavanes. Zwei der Werke fielen mir sofort auf und ich sah auf der Liste an der Wand, dass sie noch nicht verkauft waren, so sehr ich auch versuchte den Rest zu lesen und zu verstehen es war unmöglich für mich einmal ohne lesebrille dann war es doch sehr dunkel und eben mein Französisch einfach nicht existent. Dafür machte ich einen Scan des QR-Codes und gelangte auf die Seite und sagte mir später in Ruhe zu gucken. Jetzt erstmal den Tag gut sein lassen und den Weg zurück zur Wohnung finden. Der Bus brachte mich fast vor die Tür, einfach unglaublich. Ich saß noch eine Weile auf der Couch und entdeckte einen Kontakt auf der Seite von Fabien. Ich schrieb eine Nachricht, dass ich Interesse an Werken im “Duplex” habe, nur am Montag die Stadt verlassen werde. Mit dieser Tat des Tages konnte ich noch besser schlafen. So konnte ich doch entspannt ins Bett fallen. 

“Marché aux Puces de Paris Saint-Ouen”

Beim Bäcker um die Ecke holte ich mir meine üblichen Croissants und ein Baguett. Ich genoss mein Frühstück zu Hause und machte mich im Anschluss auf den Weg zum größten Flohmarkt der Welt, den “Marché aux Puces de Paris Saint-Ouen”. Es ist immer wieder ein Vergnügen dort fast den ganzen Tag zu verbringen und es wird einfach nicht langweilig.Dieses Mal begann ich meine Tour in der umgekehrten Richtung. Erste Straße links rein durch das Erdgeschoss von den Teil des Marktes der im Obergeschoß alle was mit Schallplatten und so zutun hat, dann die Straße runter zu dem Teil des Marktes der sich hauptsächlich mit ich nenne es mal “Groß Möbel” beschäftigt. Anschließend durch die zwei unterschiedlichen Teile, die sich hauptsächlich auf feines Design und Kunstobjekte konzentrierten. Zum Abschluß und puren Vergnügen durch den alten, winkeligen und schrubbeligen Teil, der wirklich noch wie ein Flohmarkt wirkt. In diesem Teil gibt es in der Mitte eine alte Dame, die nur Silberwaren im Angebot hat und wenn jemand ein Faible dafür hat, ist dort einfach die Welt noch in Ordnung. Auch wenn ich schlecht verhandelt haben sollte, aber für diese alte Dame und ihr Sortiment bin ich das gerne. Zwei weitere Dinge waren auf meiner Liste, nur dort habe ich nichts gefunden.

Silber pur

Beim Schlendern durch die Gänge und Gassen kam mir ein Gedanke wieder in den Kopf, den ich schon bei meinem letzten Besuch hier hatte. Es ist mir aufgefallen, dass es ganz viele nackte und halbnackte Damen, Göttinnen und weitere weibliche Figuren gibt, ob als Gemälde, Skulptur oder Tischgestelle. Was aber sichtlich unterrepräsentiert ist, sind die männlichen Gegenstücke. Zu meiner Freude ganz am Ende meiner Tour und in der letzten Ecke war ein kleiner Laden, der ganz viel auch selbst erstellte Kunst und Drucke oder Abzüge von genau diesen männlichen Gegenstücken hatte. Mit den beiden Ladenbetreibern und Kreativen kam ich ins Gespräch und erwarb einen Druck einer Zeichnung, die mir aufgefallen war. Zum Glück hatte ich eine schreckliche Plastiktüte dabei, damit es nicht so aussah, als ob ich was schönes erworben hätte. Beseelt ging ich zurück Richtung Metro. Auf dem Weg fiel mir ein, ich hatte doch letztens noch eine E-Mail geschrieben! Sah, dass ich am Morgen schon eine Antwort bekommen hatte. Prompt rief ich Fabien zurück, Anrufbeantworter. Zuhause kam dann der Rückruf. Wenn die “Duplex Bar” aufmacht, wäre er am Abend dort und wir könnten miteinander ins Geschäft kommen. Es war abgemacht und die gleiche Tüte wurde noch einmal für Kunst in Beschlag genommen. Fabien erzählte dann noch, wo er die Fotos aufgenommen hatte, denn mich interessierte besonders das eine Foto, das ich “Fenster am Meer” nannte. Er sagte, es ist in Essaouira in Marokko. Dann war klar, dass meine Wahl für die beiden Werke und die limitierten Abzüge genau die richtige war. Fabien signierte beide Werke vor Ort. Der Sonntag ging zu Ende und auch mein langes Wochenende im Frühjahr in Paris. Auf ein letztes Getränk haben J. und ich uns noch getroffen. Paris - Est Montag früh, 7:16 Uhr in den Zug gestiegen, 11:30 Uhr zu Hause angekommen, Koffer grob ausgepackt. Büro feingemacht und pünktlich um 13 Uhr an der Stanze.

Sonnenaufgang auf dem Weg zu Paris-Est

saint-ouen
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Künstler
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Unterhaltung
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Herren Kosmetik
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Herrenwäsche
https://petroneparis.fr/

Das Apartment
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Selbstgebacken

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